Lässt der Ruhestand einen schneller altern?

Du fragst dich, ob der Ruhestand das Altern beschleunigt?

Die Frage ist berechtigt.

Und ich habe die Antwort für dich.

Ich bin seit 2018 Marketing- und Unternehmensberaterin. Studiert habe ich Betriebswirtschaftslehre und Integrierte Gerontologie. Ich kenne daher die Forschung zum Altern und ich sehe, was bei Menschen passiert, die in Rente gehen.

Was ich dabei beobachte: Es kommt nicht auf den Ruhestand an. Es kommt darauf an, wie du ihn gestaltest.

Die gute Nachricht: Die Zahlen zeigen, dass aktive Menschen kognitiv fit bleiben können. Die schlechte: Wer passiv wird, beschleunigt den Abbau tatsächlich.

In diesem Beitrag zeige ich dir die Fakten aus der aktuellen Forschung: Welche Studien gibt es? Was bedeuten die Zahlen wirklich? Und vor allem: Was kannst du konkret tun?

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Warum beschleunigt der Ruhestand bei vielen Menschen den kognitiven Abbau?

Also....das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat knapp 100.000 Menschen untersucht. Das Ergebnis ist eindeutig: Menschen im Ruhestand verlieren ihre Gedächtnisfähigkeiten deutlich schneller als jene, die länger im Arbeitsleben bleiben. 🤯

Der Effekt des Ruhestands auf das Gedächtnisvermögen entspricht etwa der altersbedingten Verschlechterung zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr.

Lass dir das mal auf der Zunge zergehen.

Der normale kognitive Abbau von zehn Jahren verdoppelt sich durch die Verrentung noch einmal.

Warum passiert das?

Ein Hirnforscher bringt es auf den Punkt: Mit zunehmendem Alter fordern wir unser Gehirn immer weniger. Bei vielen sinkt die Lernbereitschaft.

Die Anreize fallen weg. Kein höheres Einkommen mehr. Keine Beförderung. Keine beruflichen Ziele.

Und dann kommt noch etwas dazu: Der verbreitete Irrtum, dass Menschen ab 60 nicht mehr gut lernen können, wird zur selbsterfüllenden Prophezeiung.

Wenn ein 60-Jähriger eine App nicht bedienen kann, zweifeln andere an seinen kognitiven Fähigkeiten. Hat eine 25-Jährige das gleiche Problem, denken alle, die App sei schlecht gemacht.

Was das für dich bedeutet

Bei vielen Menschen geht mit dem Eintritt in den Ruhestand ein Abbau der körperlichen und geistigen Fähigkeiten einher.

Nicht weil das Altern plötzlich beschleunigt.

Sondern weil sie ihr Gehirn weniger fordern.

Der Wegfall von mentalen Herausforderungen, sozialen Kontakten und strukturierten Tagesabläufen – das ist das Problem.

Aber. Es ist nicht unvermeidbar.

Wie stark beeinflusst unsere Einstellung das Altern?

Das Faszinierendste, was ich bei meiner Recherche gefunden habe: Deine Einstellung zum Alter verändert dein Gehirn.

Physisch.

Messbar.

Eine Studie der Universität Oldenburg zeigt: Menschen, deren Blick aufs Alter von negativen Stereotypen geprägt ist, haben einen verkleinerten Hippocampus.

Das ist die Hirnregion, die sich bei Alzheimer-Demenz als Erstes verändert.

Und es wird noch interessanter: Eine Langzeitstudie zeigt, dass Menschen mit negativer Einstellung zum Alter ein deutlich höheres Risiko haben, an einer Demenz zu erkranken.

Die Hypothese der Forscher?

Wenn wir als Gesellschaft auf die Stärken des Alters fokussierten, ließe sich möglicherweise der kognitive Abbau im Alter erheblich reduzieren.

Negative Altersbilder wirken wie Gift

Du hältst dich für zu alt zum Lernen? Dann wird dein Gehirn dir recht geben.

Du glaubst, dass Vergesslichkeit normal ist? Dann wird sie zur Normalität.

Du denkst, Falten sind eine Störung? Dann wird jede Veränderung zur Bedrohung.

Was das für dich bedeutet

Die Art, wie du über das Altern denkst, ist nicht nur Philosophie.

Sie ist Biologie.

Die gute Nachricht: Du kannst deine Einstellung ändern. Und damit auch dein Gehirn.

Menschen, die das Altern als Chance sehen – als Phase für neue Erfahrungen, für Weisheit, für Gelassenheit – bleiben kognitiv länger fit.

Es scheint also auch an uns selbst zu liegen.

Was schützt wirklich vor geistigem Abbau im Alter?

Die Forschung ist eindeutig.

Es gibt drei Dinge, die wirklich helfen.

1. Soziale Kontakte

Ein Professor für Geriatrie sagt es so: "Die sozial Aktiven sind länger kognitiv gesund."

Soziale Interaktion fordert Menschen ganzheitlicher als rein kognitive Aufgaben. Dabei werden auch Emotionen und die Aufmerksamkeitssteuerung angeregt.

Die Gehirne von kognitiv gesunden, resilienten Menschen sind besser intern vernetzt als die Gehirne von Menschen mit Funktionsverlusten.

Das ist nicht esoterisch. Das ist messbar.

2. Körperliche Aktivität

Menschen, die regelmäßig Sport treiben, haben ein geringeres Risiko für kognitive Einbußen.

Eine Studie aus Frankreich zeigt: Schon mäßige körperliche Aktivität korreliert mit einem langsameren Abfall des Kognitions- und Erinnerungsscores.

Dabei muss es kein Marathontraining sein.

Bereits drei Sporteinheiten von weniger als einer Stunde pro Woche können das Gehirn beflügeln. Selbst Spaziergänge, Treppensteigen oder Gartenarbeit wirken sich positiv aus.

Warum? Bewegung fördert die Durchblutung im Gehirn. Sie bewirkt die Ausschüttung von Botenstoffen, die auf Nervenzellen wie Dünger wirken.

3. Geistige Herausforderungen

Unser Gehirn kann ein Leben lang Neues lernen.

Eine neue Sprache. Ein Instrument. Ein handwerkliches Hobby.

Die Forschung zur Neuroplastizität zeigt: Menschen, die sich häufig mental herausfordern, haben ein größeres Potenzial, ihre kognitiven Fähigkeiten zu verbessern.

Das Konzept der "Cognitive Reserve" besagt: Menschen, die ihr Leben lang lernen und sich geistig fordern, zeigen oft größere kognitive Reserven, die sie im späteren Leben vor kognitivem Abbau schützen können.

Was das für dich bedeutet

Du brauchst keine ausgeklügelte Strategie.

Du brauchst drei Dinge: Menschen. Bewegung. Neue Dinge lernen.

Ob Volkshochschulkurs, Tanzkurs oder Ehrenamt – such dir etwas, das dir Freude macht und dich fordert.

Die besten Effekte erzielst du durch die Kombination. Geistige und körperliche Aktivität mit sozialen Kontakten.

Reicht Gehirnjogging aus, um geistig fit zu bleiben?

Nein.

Die Antwort ist so klar, dass ich sie gleich vorwegschicke.

Reines Gehirnjogging allein reicht nicht.

Das Deutsche Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen hat es untersucht: Körperliche Aktivität wirkt sich positiv auf sämtliche geistigen Leistungen aus.

Im Gegensatz zum stumpfen Lösen von Kreuzworträtseln, das "nur" das Allgemeinwissen fördert, bewirkt körperliches Training ein echtes Feuerwerk im Gehirn.

Was passiert im Gehirn?

Durch Bewegung wird die Durchblutung im Gehirn gefördert. Das steigert die Gedächtnisleistung.

Die Ausschüttung von Botenstoffen wirkt auf die Nervenzellen wie Dünger. Nervenfasern wachsen. Umbauprozesse im Gehirn werden unterstützt.

Eine 2014 veröffentlichte Studie zeigt: Körperliche Aktivität schützt vor Demenz.

Während fluide Fähigkeiten wie die Merkfähigkeit bereits im mittleren Erwachsenenalter abnehmen, zeigen kristalline Fähigkeiten wie der Wortschatz bis ins höhere Erwachsenenalter Zuwächse.

Aber. Und das ist wichtig: Personen, die größere Verluste in fluiden Fähigkeiten aufweisen, zeigen zugleich auch geringere Gewinne in kristallinen Fähigkeiten.

Was das für dich bedeutet

Mach beides.

Sudoku ist okay. Kreuzworträtsel auch. Aber nicht allein.

Kombiniere Gehirnjogging mit Bewegung. Am besten mit etwas, das dir Spaß macht.

Tanzen ist ideal – es verbindet Bewegung mit Rhythmus, mit sozialen Kontakten und mit dem Lernen neuer Schritte.

Schwimmen, Radfahren, Wandern – such dir aus, was zu dir passt.

Die beste Strategie kombiniert geistige und körperliche Aktivität mit sozialen Kontakten.

Das ganzheitliche Training von Körper, Geist und Seele ist am wirksamsten.

Kann die Nutzung von Internet und Technologie helfen?

Ja.

Und zwar messbar.

Eine Studie der Lancaster University hat über 2.100 Menschen im Ruhestand aus zehn europäischen Ländern getestet.

Das Ergebnis: Personen, die nach ihrer Pensionierung das Internet nutzen, zeigen bessere kognitive Leistungen als jene ohne Computernutzung.

Männliche Internetnutzer im Ruhestand konnten sich an 0,94 Wörter mehr erinnern als Pensionisten ohne Internetnutzung. (Warum man hier wieder mal den Fokus auf Männer legt? Tja, dazu empfehle ich das Buch "Unsichtbare Frauen".*)

Die Wissenschaftler erklären: "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Nutzung des Internets nach dem Pensionsantritt zu einer deutlichen Verringerung des kognitiven Abbaus führt."

Warum funktioniert das?

Das Internet fordert verschiedene kognitive Fähigkeiten gleichzeitig: Lesen, Verstehen, Navigieren, Entscheiden.

Du musst dich orientieren. Informationen bewerten. Dinge vergleichen.

Das hält das Gehirn aktiv.

Was das für dich bedeutet

Du musst keine Apps entwickeln oder programmieren lernen.

Es reicht, wenn du das Internet regelmäßig nutzt.

Nachrichten lesen. Rezepte suchen. Mit Enkeln videotelefonieren. Online-Kurse machen.

Wichtig ist: Regelmäßig. Nicht sporadisch.

Jene Personen, die bereits im Berufsleben mit Computern gearbeitet hatten, waren mit größerer Wahrscheinlichkeit auch nach ihrer Pensionierung online – und wiesen bessere kognitive Leistungen auf.

Es ist nie zu spät, damit anzufangen.

Was kannst du konkret ab morgen tun?

Die Forschung ist klar.

Die Zahlen sind eindeutig.

Jetzt geht es um die Umsetzung.

Drei Dinge, die du sofort ändern kannst:

  1. Ruf jemanden an. Heute. Verabrede dich für nächste Woche. Soziale Kontakte sind das Wichtigste.
  2. Geh raus. Eine halbe Stunde spazieren. Jeden Tag. Oder jeden zweiten Tag. Hauptsache regelmäßig.
  3. Lerne etwas Neues. Schreib dir auf, was du schon immer mal machen wolltest. Italienisch? Gitarre? Aquarell? Such dir einen Kurs. Melde dich an.

Langfristig:

Gib deinem Tag Struktur. Auch ohne Job kannst du Rhythmus schaffen.

Feste Zeiten für Bewegung. Feste Zeiten für soziale Aktivitäten. Feste Zeiten für Neues lernen.

Das klingt vielleicht nach Arbeit. Ist es auch.

Aber. Es ist Arbeit, die sich lohnt.

Die Gutenberg-Gesundheitsstudie zeigt: Die Resilienz bei Menschen über 60 ist in den letzten Jahren angestiegen.

Menschen werden nicht nur älter. Sie werden auch gesünder älter.

Das ist keine Glückssache. Das ist das Ergebnis aktiver Lebensgestaltung.

Fazit: Der Ruhestand beschleunigt das Altern nicht – Passivität schon

Die zentrale Frage war: Lässt der Ruhestand einen schneller altern?

Die Antwort: Nein. Der Ruhestand an sich nicht.

Aber. Die Passivität, die oft mit dem Ruhestand einhergeht.

Der kognitive Abbau kann sich durch den Ruhestand verdoppeln – wenn du nichts tust. Doch du kannst aktiv gegensteuern. Mit sozialen Kontakten. Mit Bewegung. Mit geistigen Herausforderungen.

Es liegt an dir, wie du deinen Ruhestand gestaltest.

Es ist nie zu spät, anzufangen.

Welche Fragen hast du dazu? Schreib sie mir in die Kommentare.

Genieß dein Leben.
Du hast nur eins.

Viele Grüße,
Marlis

Wer schreibt hier?

Ich bin Marlis Schorcht und ich schreibe hier über das, was viele lieber verdrängen: dass wir älter werden. Nicht irgendwann, sondern jetzt, jeden Tag.

Warum ich das tue:
Weil Altern keine Krankheit ist, die man bekämpfen muss, sondern eine Lebensphase, die man gestalten kann. Bewusst, selbstbestimmt, ohne Angst.

Auf Leben-und-Altern.de schreibe ich über das Leben nach der Arbeit, über Sinn, Gesundheit, Beziehungen, Einsamkeit und Geld. Über die 20 Jahre, über die kaum jemand spricht und darüber, wie man sie mit mehr Lebensqualität, Klarheit und Gelassenheit erleben kann.

Schreib mir gern:
Wenn du Gedanken, Fragen oder Herausforderungen zum Thema hast. Oder wenn du etwas erlebt hast, das anderen Mut machen könnte, etwas, das dich verändert oder weitergebracht hat.

Ich freue mich auf den Austausch:
👉 Schreib mir eine e-Mail.

Marlis Schorcht sitzt am Schreibtisch und lächelt in die Kamera

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